Wir haben nur noch wenig Zeit, um eine Erderwärmung von mehr als 2 °C zu verhindern.
Die Wissenschaft warnt schon lange vor einer Überschreitung des CO2-Budgets, da dies noch verheerendere Hitzewellen, Brände, Dürren und Massenmigrationen zur Folge hätte. Für eine 66-prozentige Chance, „deutlich unter“ 2 °C Erderwärmung zu bleiben, müssen wir unsere Wirtschaft in den nächsten zehn Jahren vollständig dekarbonisieren.
Die gute Nachricht: Das ist machbar. Zumindest auf dem Papier.
Zwei Green New Deal-Vorschläge, einer in den USA und einer in der Europäischen Union, beinhalten eine Strategie dazu.
Die ernüchternde Einsicht: Ob unsere Politiker die Klimakrise wirklich ernsthaft angehen ist abhängig vom Verlauf der kommenden Monate. Und dabei spielst auch Du eine Rolle.
Entscheidend ist, was aus den Entwürfen auf beiden Seiten des Atlantiks wird. Und hierauf kannst Du mit deiner Stimme erheblichen Einfluss nehmen.
Was ist der US-amerikanische und der europäische Green Deal?
Im Kern bieten beide Versionen der GND eine richtungsweisende Vision dessen, wie wir vorgehen müssen, um eine Welt zu schaffen, die Natur, Menschen und Tiere schützt.
Beide Vorschläge begründen auf dem Prinzip der Intersektionalität. Die Klimakrise ist auch eine gesellschaftliche Krise, was bedeutet, dass die Faktoren, die unseren Planeten zerstören, dieselben sind, die auch dem Menschen schaden.
So beeinträchtigen beispielsweise extreme Klimaereignisse die Fruchtbarkeit der Böden, was wiederum ausgerechnet die Schwächsten unter uns am härtesten trifft. Und auch die Einkommensungleichheit stellt ein Problem dar. Denn sie machet es einkommensschwachen Familien besonders schwer, sich von den Folgen eines durch den Klimawandel verursachten Unwetters, einer Überschwemmung oder verheerender Waldbränden zu erholen.
Beide Green Deals stimmen darin überein, dass wir unsere Volkswirtschaften umstrukturieren müssen — weg von fossilen Brennstoffen und gleichzeitig hin zu grünen Arbeitsplätzen, grünen Infrastrukturen und regenerativer Landwirtschaft.
Dass es die GND-Vorschläge überhaupt gibt und dass sie politisch an Aufmerksamkeit gewonnen haben, eröffnet uns eine einmalige Chance, den Klimawandel einzudämmen und gleichzeitig ein System zu schaffen, von dem alle profitieren und nicht nur die oberen 1 % der Bevölkerung.
Aufgrund des wirtschaftlichen und politischen Einflusses sowohl der USA als auch der Europäischen Union könnte der Erfolg oder Misserfolg eines GND ausschlaggebend sein, um einen Temperaturanstieg von 2°C zu verhindern.
Diese Chance dürfen wir uns nicht entgehen lassen.
Wie kann ich den Green New Deal in den USA unterstützen?
In den USA ist der GND noch keine konkrete politische Vorlage, kein Gesetzesentwurf, sondern nur ein 14 Seiten umfassender Bericht, der von einem Think Tank namens New Consensus erarbeitet wurde.
Die Idee wurde von Aktivistengruppen wie dem Sunrise Movement und Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Alexandria Ocasio-Cortez aufgegriffen und in die Politik und den öffentlichen Diskurs getragen.
Daher werden die Ergebnisse der bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA einen erheblichen Einfluss darauf haben, in welcher Form – sofern überhaupt – der Vorschlag eines GND tatsächlich gesetzlich verankert wird.
Aber auch wenn wir einmal davon ausgehen, dass der GND in irgendeiner Form gesetzlich etabliert wird, wird sein Erfolg bei der Eindämmung des Klimawandels davon abhängen, wie konsequent darauf geachtet wird, dass er auf staatlicher Ebene auch tatsächlich umgesetzt wird.
Wie kann ich den Europäischen Grünen Deal unterstützen?
Der Europäische Grüne Deal (EUGD) wurde bereits zu einem konkreten Maßnahmenpaket geschnürt.
Dies ist vor allem der Sensibilisierungskampagne von Fridays for Future zu verdanken, der von Greta Thunberg initiierten Klimabewegung, die die EU durch massiven Druck in Zugzwang gebracht hat.
Die Maßnahmen des EUGD werden aktuell in das so genannte Klimagesetz umgewandelt. Wir alle sollten die Entwicklung dieses Schlüsselprozesses in den kommenden Wochen und Monaten sehr genau beobachten.
Das Klimagesetz wird festlegen, in welchem Umfang die 27 EU-Mitglieder ihre Treibhausgasemissionen bis 2030 reduzieren müssen. Alle europäischen Gesetze müssen dann den Zielen des Klimagesetzes angepasst werden.
Es ist also extrem wichtig, dass die gesetzlich verankerten Emissionssenkungen entsprechend ambitioniert sind. Leider sucht die EU bereits nach Schlupflöchern zur Vermeidung umfangreicher Verpflichtungen.
Wie die Europäische Union die Klimaziele aufweicht
Theoretisch hat sich die EU darauf geeinigt, die CO2-Emissionen um mindestens 55 Prozent im Vergleich zu den Werten von 1990 zu reduzieren – das von Wissenschaftlern geforderte absolute Minimum. Bei genauerer Betrachtung dessen, was bei diesem Ziel nicht berücksichtigt wird, fällt auf, dass die Zahl an sich Augenwischerei ist.
Ein solches Schlupfloch besteht zum Beispiel darin, dass die EU internationale Emissionen aus ihrem CO2-Budget ausschließen will. Wenn jemand in der EU beispielsweise Schuhe aus Bangladesch kauft, sollen die in diesem Land bei der Produktion und dem Transport des in der EU verbrauchten Artikels entstehenden Emissionen dem Herstellungsland angerechnet werden.
Das verstößt gegen das Prinzip der Klimagerechtigkeit und verschleiert den tatsächlichen Fußabdruck der EU auf dem Planeten.
Im Klartext heißt das, dass das jüngste Reduktionsziel der EU tatsächlich nur etwa 42 Prozent beträgt. Das verringert die Chance, unter der 2 °C-Marke zu bleiben, um etwa 50 Prozent.
Wie du dich für den Europäischen Grünen Deal einsetzen kannst
Das ist nur eins von vielen Schlupflöchern. Du musst Folgendes wissen, um dazu beizutragen, dass das Klimagesetzes nicht verwässert wird:
Es ist ein weitverbreiteter Irrtum, dass die EU die Macht habe, ihre Entscheidungen gegenüber den einzelnen nationalen Regierungen der EU-Mitgliedsstaaten durchzusetzen. Tatsächlich sitzen die Mitgliedstaaten mit am Verhandlungstisch und haben ein Mitspracherecht hinsichtlich der Emissionsreduktionsziele.
Dein wichtigster Beitrag als Bürger der Europäischen Union besteht darin, deine Regierung aufzufordern, ein Klimagesetz zu unterzeichnen, das das Klimaziel der EU für 2030 auf eine tatsächliche Reduzierung der Treibhausgasemissionen um 66 Prozent festlegt.
Du kannst damit anfangen, indem du diese Petition unterzeichnest.
Sind die Green New Deals überhaupt umsetzbar?
Die Corona-Krise hat aufgedeckt wie perfide es ist, die Bezahlbarkeit von Systemveränderungen infrage zu stellen, die für unser aller Überleben notwendig sind .
Die Green New Deals beinhalten nichts Neues. Variationen dieser Vorschläge kursieren bereits seit der Finanzkrise 2008, und zwar in den USA ebenso wie in der Europäischen Union.
Es führt einfach kein Weg an der Dekarbonisierung unserer Wirtschaft vorbei, ganz egal, wie viele Schlupflöcher unsere Politiker auch finden mögen.
Wenn Du in der EU lebst, sei wachsam. Verfolge die Entwicklung des Klimagesetzes und lasse deine Regierung wissen, dass du sie im Auge behältst.
Wenn Du US-Bürger bist, bieten dir die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen die Chance, deine Stimme einzusetzen, um deutlich zu machen, dass Klimagerechtigkeit forderst und Dich mit nichts Geringerem abspeisen lässt.