Kakao spielt in der ländlichen Wirtschaft in Westafrika eine zentrale Rolle. Hier, um den Golf von Guinea, erfolgt fast 60 % der weltweiten Kakaoproduktion. Sie ist die Existenzgrundlage zahlloser kleinbäuerlicher Familienbetriebe.
Doch hinter jedem Stück herrlicher Schokolade verbirgt sich eine komplexe Realität, denn die steigende Nachfrage nach Kakao führt zu Waldrodungen und Bodenerosion und bedroht die Biodiversität Westafrikas.
Zum Glück gibt es Alternativen – und genau das war der Grund für meinen Besuch bei APAF (Associations pour la promotion des arbres fertilitaires), einem langjährigen Partner von Ecosia. Diese Organisation leistet im Bereich der Agroforstwirtschaft wichtige Pionierarbeit und ist bereits seit über 30 Jahren in der Region aktiv.


Personal von APAF kontrolliert eine Kakaoplantage; Eine Kakaoplantage
Unsere erste Zusammenarbeit mit APAF begann 2019 in Côte d‘Ivoire; seit 2024 sind wir auch in Togo aktiv. Unser anspruchsvolles Ziel: Wir möchten 6,8 Millionen Bäume pflanzen. Nur wenige Monate nach Beginn der Kooperation stehen bereits 2,23 Millionen Bäume an über 1500 Standorten. Ich bin nach Togo gereist, um mir den Fortschritt aus der Nähe anzusehen.
An dieser Stelle ein großes Dankeschön an das Team von APAF Togo und die Landwirt*innen vor Ort, die ihr Wissen und ihre Erfahrungen mit mir geteilt haben.
Von Monokulturen zu florierenden Wäldern dank Düngerbäumen
Kakao ist für Togo und seine Nachbarländer eine wichtige Einnahmequelle. Oft wird er aber in gewaltigen Monokulturen angebaut, die auf Chemikalien angewiesen sind. Chemikalien, die die Böden abtragen, das Wasser verschmutzen, die Biodiversität belasten und die Gesundheit der Landwirt*innen gefährden. APAF setzt deshalb auf eine Alternative und pflanzt besondere Düngerbäume – eine sehr alte, traditionelle Methode des Kakaoanbaus.
Düngerbäume bereichern den Boden auf natürliche Weise. Sie entnehmen Stickstoff aus der Luft und düngen den Boden mit ihren nährstoffreichen Blättern. Wenn sie in Direktsaat angepflanzt werden, entwickeln sie tiefe (10-30 Meter lange) Pfahlwurzeln, die wichtige Mineralien und Wasser an die Oberfläche pumpen. Die Wurzeln beherbergen auch Stickstoff bindende Bakterien (Rhizobien) und Pilze (Mykorrhiza), die Nährstoffe für umliegende Pflanzen verfügbar machen.
Dank dieser natürlichen Nährstoffquelle benötigen die Kakaobäume keine synthetischen Düngemittel mehr. Denn die sind teuer, benötigen in der Herstellung enorme Mengen fossile Brennstoffe (zwei Tonnen fossile Brennstoffe für eine Tonne Düngemittel!), und sickern oft in das Grundwasser.
Der breit angelegte Einsatz von Düngerbäumen dämmt auch Brandrodungen ein. Mit dem Bevölkerungswachstum steigt auch der Druck auf landwirtschaftliche Flächen. Sie werden meist bis zur Erschöpfung bewirtschaftet und dann aufgegeben – ohne Aussicht auf Regeneration. Die Landwirt*innen sind somit gezwungen, neue Waldrandgebiete zu roden. Düngerbäumen stellen die Bodengesundheit wieder her, sodass Plantagen ununterbrochen bewirtschaftet werden können und weniger Flächen gerodet werden müssen. So entsteht ein nachhaltiges Modell, das sowohl die Landwirtschaft als auch die Lebensgrundlage der Menschen vor Ort schützt.
Die Rolle von APAF
Seit ihren frühen Anfängen in Togo zu Beginn der 1990er Jahre hat APAF ihre Methode verfeinert und im Laufe der letzten 30 Jahre auf Cote d‘Ivoire, Kamerun, Senegal, Benin und seit neuestem auch Burundi ausgeweitet.
Im Mittelpunkt des Modells stehen Mitarbeiter*innen, die vor Ort mit den Menschen arbeiten. Sie holen neue Landwirt*innen an Bord, arbeiten eng mit ihnen zusammen, um Düngerbäume in die Plantagen zu integrieren, bieten technische Unterstützung für gesunde Bäume und gut genährte Böden und zeigen ihnen, wie diese Methoden die Bodengesundheit, die Ernte und die Zukunftsaussichten ihrer Familie verbessern.
Landwirt*innen im APAF-Programm erhalten Jungpflanzen aus örtlichen Baumschulen. Viele Samen kommen von bestehenden APAF-Standorten – dadurch entsteht ein geschlossener Kreis der Regeneration.


KOLA Kpetan Hodalo, APAF Mitarbeiter*in vor Ort; Ein Samanea Saman Keimling (einer der wichtigsten Düngerbäume), der für natürliche Regeneration gekennzeichnet ist
APAF pflanzt nicht nur Bäume. Die Organisation setzt auch eine Methode namens Assisted Natural Regeneration (ANR) ein. Bei diesem Ansatz werden wilde Sämlinge geschützt, damit sie wachsen und gedeihen können, statt sie bei regelmäßigen Pflegearbeiten abzuholzen. Gemeinsam mit den Mitarbeiter*innen von APAF identifizieren und kennzeichnen die Landwirt*innen so natürlich vorkommende Keimlinge, die dann zu einem wichtigen Teil des Agroforstdesigns heranwachsen können.
Die Geschichte eines Landwirts: Kpokpoe Kossi
Auf dieser Reise habe ich auch Kpokpoe Kossi besucht – einen Kakaobauern, der seit fünf Jahren auf seinem Grundstück lebt und arbeitet. Mit der Unterstützung von APAF und Ecosia hat er neue Kakaopflanzen sowie Düngerpflanzen zu seinen bestehenden Bäumen gepflanzt.
Kossi lebt gemeinsam mit seiner Tochter und seinen drei Enkeln auf dem Stück Land. Er führt ein nahezu vollständig autarkes Leben: Er baut Kakao an, erntet und fermentiert die Bohnen alle paar Wochen, und verkauft sie an eine örtliche Genossenschaft weiter. Außerdem baut er Nahrungspflanzen an. Zum Markt geht er nur, um Salz und gelegentlich, für besondere Anlässe, Fisch zu kaufen.
Besonders getroffen hat es mich, als er zugegeben hat, noch nie Schokolade gekostet zu haben. Das war bei den meisten Landwirt*innen, denen ich begegnet bin, der Fall. Sie wissen, dass ihre Kakaobohnen exportiert werden – was damit weiter geschieht, ist ihnen ein Rätsel.
Das hat mir die Komplexität der Lieferketten – von der Bohne bis zur fertigen Tafel Schokolade – und die Distanz zwischen den Landwirt*innen und dem Endprodukt, das wir täglich konsumieren, eindrücklich vor Augen geführt.


Kakaobauer Kpokpoe Kossi; Mit dem Team von APAF an einem unserer Standorte
Impact messen
Das wirkliche Ziel meines Besuchs war es, zu kontrollieren, wie viele Bäume im Rahmen dieses Projekts wachsen. Aus über 1500 Standorten wählten wir zufällig 19 aus und prüften die Baumdichte, um deren Überlebens- und Wachstumsrate zu messen.
Die Ergebnisse waren vielversprechend: Die Überlebensrate lag durchschnittlich bei über 150 %. Das beweist, dass sich die Bäume nicht nur gut etablieren, sondern auch, dass das Bewusstsein für die natürliche Regeneration dank der APAF-Mitarbeiter*innen steigt. Mit anderen Worten: Die Wälder erholen sich schneller und besser als erwartet.
Ausblick
Als ich durch diese Felder und Wälder spazierte, sah ich den Unterschied: Schatten, Vielfalt und Leben kehrten auf das Land zurück, es waren gesunde Plantagen entstanden. Die Agroforstwirtschaft ist keine schnelle Lösung, denn die Bäume brauchen Jahre, um sich zu etablieren, – doch dafür ist sie eine dauerhafte Antwort.
Am schwierigsten ist es oft, die Landwirt*innen von den Vorteilen der Agroforstwirtschaft zu überzeugen und sie dazu zu bewegen, die teuren chemischen Düngemittel aufzugeben. Zum Glück bedeutet die langjährige Präsenz von APAF, dass die Landwirt*innen die guten Ergebnisse auf benachbarten Plantagen mit eigenen Augen sehen können und deshalb den Empfehlungen von APAF offen gegenüberstehen.
Die Agroforstwirtschaft ermöglicht es Landwirt*innen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen und gleichzeitig Ökosysteme wiederherzustellen. So kann Kakao im Einklang mit der Natur angebaut werden – anstatt auf ihre Kosten. Obwohl die Partnerschaft von Ecosia mit APAF in Togo noch in den Kinderschuhen steckt, lassen sich die Ergebnisse bereits zeigen. Es werden noch Millionen weitere Bäume folgen, um unsere gemeinsame Vision einer resilienteren Umwelt zu erreichen, in der sowohl Menschen als auch Natur gedeihen können.