Das Thema erneuerbare Energien ist in aller Munde. Auch Ecosia ist jetzt mit einer zweiten Solaranlage ans Netz gegangen. Mit Ecosia suchen war noch nie grüner. Das Thema der Energiewende und damit Ökostrom steht in direkter Verbindung zur drängenden Klimakrise. Aber ist Ökostrom wirklich immer nachhaltig? Und ist er nicht viel teurer als herkömmlicher Strom?
Diese und mehr Fragen beantworten uns Vertreter von Naturstrom* und dem Grüner Strom Label (GSL)* im Interview.
Was bedeuten Begriffe wie Ökostrom oder grüner Strom eigentlich?
Naturstrom: Ökostrom ist Strom, der aus erneuerbaren Energiequellen gewonnen wird. Also zum Beispiel aus Sonne, Wind, Wasserkraft oder Biomasse. Damit unterscheidet sich Ökostrom von Strom, zu dessen Erzeugung fossile Ressourcen wie Kohle oder Erdgas verbrannt werden, oder auch von Atomstrom.
GSL: Ob ein Energieanbieter Ökostrom anbietet oder nicht, sagt im ersten Moment einmal gar nichts über den Strom aus. Ökostrom ist kein gesetzlich geschützter Begriff, deshalb kann ein Energieversorger auch solchen Strom als Ökostrom bezeichnen, der keinen zusätzlichen Nutzen für Klima und Umwelt bewirkt.
Schützt jeder Ökostromtarif das Klima?
Naturstrom: Viele Energieversorger bieten mittlerweile einen Ökostromtarif an. Deren Klimaschutzeffekt ist jedoch oft gleich Null, da sie den Ausbau erneuerbarer Energien nicht fördern. Denn nur konkrete Investitionen in neue Ökostromanlagen tragen dazu bei, dass unser Strommix in Deutschland auch tatsächlich sauberer wird.
GSL: Die zahlreichen Ökostromprodukte, die auf dem Energiemarkt erhältlich sind, unterscheiden sich deutlich voneinander.
Viele Energieversorger verfahren zum Beispiel beim Energieeinkauf folgendermaßen: Sie kaufen den günstigsten Strom ein, meist aus Atom- oder Kohlekraftwerken. Zusätzlich erwerben sie Ökostrom-Herkunftsnachweise für dieselbe Menge, das heißt sie kaufen sich zusätzlich die Eigenschaft ein, dass irgendwo in Europa Strom aus erneuerbaren Energien produziert wurde. Beides zusammengenommen verkaufen sie dann als billiges Ökostromprodukt.
Kurz gesagt, allein der Bezug von Ökostrom bringt noch keine Veränderung – die Energie ist ja bereits vorhanden. Wichtiger ist, dass durch den Ökostrom-Bezug der naturverträgliche Ausbau erneuerbarer Energien vorangetrieben wird. Das ist möglich, wenn man beispielsweise mit einem festen Förderbetrag pro verbrauchter Kilowattstunde neue Energiewende-Projekte mitfinanziert.
Es ist bedauerlich, wenn Sie als Kunde mit eigentlich guter Intention Ökostrom beziehen wollen, aber unter dem Strich nichts Positives für die Umwelt dabei herauskommt. Mehr noch: Kunden wollen mit ihrem Ökostrombezug eigentlich etwas Gutes für Klima und Umwelt bewirken, in Wirklichkeit verdienen aber Atom- und Kohlekraftwerke daran. Für diejenigen, die glaubwürdigen Ökostrom mit echtem Zusatznutzen beziehen möchten, ist ein Ökostromprodukt mit garantierten Investitionen die richtige Wahl.
Wie kann man als Verbraucher überprüfen, wie “grün” ein Stromanbieter ist?
GSL: Gesetzlich ist jeder Energieanbieter verpflichtet, die Zusammensetzung seines Stroms in der Stromkennzeichnung öffentlich auszuweisen. Verbraucher*innen sollen sich so selbst ein eigenes Urteil über ihren Energieanbieter bilden können.
Um sicherzustellen, dass Sie wirklich grüne Energie erhalten, kann man unter anderem auf das Grüner Strom-Label (siehe Erläuterung unten im Text)* vertrauen. Wem Nachhaltigkeitsaspekte beim Stromversorger darüber hinaus wichtig sind, können sie – sofern vorhanden – die Nachhaltigkeitsberichte des jeweiligen Anbieters zu Rate ziehen. Außerdem können sich Verbraucher*innen bei Umweltorganisationen wie BUND, NABU oder Greenpeace sowie von Verbraucherzentralen beraten lassen.
Auch heißt es oft, dass Ökostrom viel teurer als herkömmlicher Strom wäre. Was ist da Ihre Erfahrung?
GSL: Fast 60 Prozent der Verbraucherinnen und Verbraucher haben ihren Energieanbieter noch nie gewechselt, ohne dass der Umzug der Hauptgrund war. Dabei bleiben die Kunden oft in ihren teuren Grundversorgungstarif. Die meisten der Grüner Strom-zertifizierten Ökostromtarife sind günstiger als die Grundversorgung. So sparen Sie als Verbraucher Geld und tun nachweislich etwas für unsere nachhaltige Energieversorgung. Eine Recherche nach alternativen Tarifen kann also durchaus lohnend sein – für Umwelt und Geldbeutel.
Warum ist erneuerbare Energie und auch den Klimawandel so relevant?
Naturstrom: Um die globalen Folgen des Klimawandels noch auf ein handhabbares Maß eindämmen zu können, muss die Erderwärmung auf 1,5 Grad reduziert werden. Erreichen können wir es nur, wenn wir den Ausstoß von CO2 und anderen klimaschädlichen Gasen drastisch reduzieren. Die Energiewende ist hierzu der Schlüssel.
Was kann ein einzelner bewirken, der zu Ökostrom wechselt?
Naturstrom: Wer sich für einen Ökostromtarif entscheidet, der tatsächlich etwas für die Energiewende bewirkt, sorgt mit seinem Wechsel automatisch für zusätzliche Investitionen in die Energiewende. Und somit auch dafür, dass fossile Kraftwerke früher abgeschaltet werden können und unser Strommix grüner wird.
*Was ist Naturstrom:
Naturstrom ist einer der führenden deutschen Ökostromanbieter. Die Naturstrom AG setzt sich für den Ausbau des deutschen Netzes der erneuerbaren Energien.
Im Interview wird Naturstrom vertreten durch Tim Loppe.
Mehr Infos zu Naturstrom.
*Was ist Grüner Strom Label (GSL):
Um Verbraucher*innen im komplexen Strommarkt eine einfache Orientierungshilfe bietet zu können, entwickelten mehrere gemeinnützige Organisationen bereits Ende der 1990er Jahre das Gütesiegel Grüner Strom für Ökostrom. Seitdem können Stromanbieter ihren Ökostrom auf freiwilliger Basis von einer unabhängigen Stelle prüfen und auszeichnen lassen. Diese Kriterien für echten Ökostrom sind öffentlich einsehbar und werden regelmäßig von den Trägerverbänden überprüft und angepasst. Diesen starken zivilgesellschaftlichen Background aus Umwelt- und Verbraucherverbänden sowie Friedensorganisationen, u.a. NABU, BUND und EUROSOLAR, bietet kein andere Ökostromlabel in Deutschland.
Im Interview wird GSl vertreten durch Christian Knops.Mehr Infos zum GSL.