Jede Organisation, mit der wir zusammenarbeiten, muss im Vorfeld eine solide Basis vorweisen können. Wir arbeiten nur mit Dritten zusammen, die uns von einer global agierenden Wohltätigkeitsorganisation, einer NGO oder einem sonstigen gemeinnützigen Akteur vorbehaltlos empfohlen werden.
Diese Eignungsprüfung führt für gewöhnlich zu produktiven Partnerschaften mit signifikanten positiven Auswirkungen auf Umwelt und lokale Gemeinschaften. Zum ersten Mal in der Geschichte Ecosias hat eine Partnerschaft nicht funktioniert.
In den vergangenen neun Monaten sind zunehmend Zweifel an der Arbeit einer unserer Partner, der Friends of Usambara Society, aufgekommen und ihrer Fähigkeit, unsere Ziele in Tansania umzusetzen. So haben wir letztendlich beschlossen, die Kooperation zu beenden. Die mit der Organisation vertraglich vereinbarten Bäume sind nie auf dem Ecosia-Baumzähler erschienen, sodass die Zahl von 73,2 Millionen gepflanzten Bäumen (Stand 5. November 2019) hiervon nicht betroffen ist. Der Transparenz halber möchte ich an dieser Stelle schildern, was passiert ist, was wir daraus gelernt haben und wie es weitergeht.
Was wir von unseren Partnern erwarten
Zu Beginn unserer Zusammenarbeit mit einer Drittpartei schließen wir nur kurzfristige, nicht sehr umfangreiche „Probeverträge“ ab. Das halten wir so, bis wir uns ein Bild davon gemacht haben, wie unser Partner seinen Pflichten in Bezug auf das Pflanzen, die Kontrolle und die Nachsorge der Bäume nachkommt.
Der Vertragspartner muss nachweisen können, dass er die mit uns vertraglich vereinbarte Anzahl an Bäumen auch tatsächlich gepflanzt hat. Wir nutzen Satellitenbilder, um Arbeitsfortschritte zu überprüfen, und lassen auch von eigenen Mitarbeitern oder beauftragten Dritten Kontrollen vor Ort durchführen. Zudem überwachen wir sehr genau Geldflüsse und Etappenziele, um sicherzustellen, dass die ursprüngliche Vision jedes einzelnen Projekts auch umgesetzt wird.
Ein ganz zentrales Prinzip unserer Organisation ist es, sicherzustellen, dass die Projekte sich auch tatsächlich positiv auf die Umwelt und lokale Gemeinschaften auswirken. Das kann dadurch erreicht werden, dass Bäume solcher Art gepflanzt werden, dass sie Erosion oder das ungenutzte Ablaufen von Regenwasser verhindern, oder aber dass sie Früchte tragen, die die Bauern ernähren oder die durch ihren Verkauf den Lebensunterhalt der Familien sichern.
Erst wenn wir sicher sind, dass die oben genannten Voraussetzungen erfüllt werden, gehen wir eine längerfristige Partnerschaft ein. Bisher war dieses Modell immer erfolgreich und hat uns ermöglicht, weltweit mehr als 70 Millionen Bäume in 22 abgelegenen Regionen zu pflanzen sowie in Gebieten, in denen die Artenvielfalt bedroht ist.
Unsere Arbeit in den Usambara-Bergen in Tansania
In Tansania haben wir seit 2017 mit der Friends of the Usambara Society zusammengearbeitet mit dem Ziel, dazu beizutragen, die Usambara-Berge aufzuforsten. Diese Bergregion in der Savanne ist einzigartig und Lebensraum zahlreicher endemischer Pflanzen- und Tierarten wie dem Nicoll-Weber, der seit mehr als einem Jahrhundert infolge von Rodungen und Klimawandel als vom Aussterben bedroht gilt.
Zwischen 2017 und Mitte 2018 machte das Projekt auch kontinuierliche Fortschritte, und wir haben unseren Partner vor Ort mit zielgerichteten Verbesserungsvorschlägen unterstützt, um die eine oder andere notwendige Nachbesserung zu erreichen. Als ich im April persönlich dort war, haben wir vereinbart, die Überwachung der Bäume zu optimieren und die Teammitglieder zu schulen, um Bedenken hinsichtlich des Fortschritts der Arbeit vor Ort entgegenzuwirken.
Zwischen diesem Besuch und einem weiteren im September 2019 haben wir die Zusammenarbeit fortgesetzt und die Friends of Usambara Society weiter beobachtet, insbesondere, um die Zahl der tatsächlich gepflanzten Bäume zu kontrollieren und um sicherzustellen, dass das Projekt den ursprünglichen Erwartungen von Ecosia doch noch würde entsprechen können. Nach sechs Monaten verloren wir jedoch den Glauben daran, dass die Organisation je in der Lage sein wird, die Berichterstattungsstandards von Ecosia zu erfüllen, sodass wir bis heute unsere Zweifel haben bezüglich der Anzahl der Bäume, die angeblich gepflanzt und weiter betreut worden sein sollen.
Warum wir diese Partnerschaft beenden
Wir haben einige Bedenken entwickelt hinsichtlich unserer Zusammenarbeit mit der Friends of Usambara Society und aus diesem Grund konsequenterweise beschlossen, die Kooperation zu beenden.
Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass die Friends of Usambara Society nicht in der Lage ist, in Bezug auf das Pflanzen und die Aufzucht der Bäume sowie hinsichtlich der Berichterstattung die von Ecosia erwarteten Standards zu erfüllen. Die Einhaltung dieser Standards bei allen Projekten ist uns aber extrem wichtig, weil unter anderem überwacht wird, wo wie viele Bäume gepflanzt werden. Ohne diese Daten ist es Ecosia nicht möglich, die Pflanzfortschritte eines Projekts glaubhaft zu belegen.
Ecosia hat der Organisation Ende 2018 ein externes Audit angeboten, um sie bei der Berichterstattung zu unterstützen und die bestehenden Mängel zu beheben. Dieses Angebot wurde von der Friends of Usambara Society abgelehnt, und als sich die Berichterstattung auch weiterhin nicht besserte, lehnten wir es ab, weitere Baumpflanzungen zu finanzieren.
Des Weiteren beschlossen wir, den Vertrag mit der Organisation zu kündigen, als uns weitere beunruhigende Informationen zugetragen wurden.
Uns gegenüber geäußerte Bedenken
Anfang 2019 erreichten uns mehrere beunruhigende anonyme Meldungen. Unter anderem wurde behauptet, dass die Organisation nicht nur uns gegenüber die Zahlen der gepflanzten Bäume geschönt habe, sondern auch gegenüber anderen Partnerorganisationen.
Wir würden hierzu gerne mehr sagen, aber das könnte unsere Ermittlungen gegen die Friends of Usambara Society behindern.
Wie Ecosia mit der Situation umgeht
Aufgabe von Ecosia ist es, Bäume zu pflanzen und den Klimawandel zu bekämpfen. Wenn wir hierin wirklich erfolgreich sein wollen, dürfen wir mangelhafte Standards beim Pflanzen, bei der Aufzucht und bei der Berichterstattung ebenso wenig tolerieren wie andere Verstöße gegen unsere Grundsätze. Das ist einer der Gründe, weshalb wir nicht länger mit dieser Organisation zusammenarbeiten werden.
Wir können den Ecosia-Nutzern aber versichern, dass die mit der Organisation vertraglich vereinbarten Bäume nie auf dem Ecosia-Baumzähler erschienen sind, sodass die Zahl von 73,2 Millionen gepflanzten Bäumen (Stand 5. November 2019) hiervon nicht betroffen ist. Tatsächlich ist der Ecosia-Baumzähler bewusst konservativ – wir verfolgen Bäume über einen Zeitraum von drei Jahren, damit zwischenzeitlich eingegangene Bäume bei der Zählung nicht berücksichtigt werden. Gleichzeitig achten wir darauf, dass immer ein paar mehr Bäume auf der Habenseite stehen als tatsächlich gezählt werden.
Wir von Ecosia würden liebend gerne unsere Bemühungen in der Region Usambara fortführen. Tatsächlich halten wir bereits Ausschau nach Möglichkeiten, die Baumschulen- und Feldarbeiter vor Ort zu unterstützen, insbesondere jene, die unter den Machenschaften der Friends of Usambara Society zu leiden haben. Wir prüfen gerade mögliche Kooperationen mit anderen lokalen NGO sowie genossenschaftliche Modelle, die uns von lokalen Rechtsexperten empfohlen wurden. Wir hoffen, in den kommenden Monaten ein Ersatzprojekt finden und finanziell unterstützen zu können, und wir werden Fortschritte in diesem Zusammenhang posten, sobald sich etwas Konkretes ergibt.
Was Ecosia daraus gelernt hat
Im vorliegenden Fall hat die Friends of Usambara Society nicht die Ergebnisse geliefert, die wir von unseren Partnern erwarten. Glücklicherweise war es das erste Mal, dass wir eine Partnerschaft mit einer Baumpflanzorganisation beenden mussten.
Die Zusammenarbeit mit Baumpflanzorganisationen, die fast immer in abgelegenen Regionen dieser Welt angesiedelt sind, kann herausfordernd sein, aber auch sehr bereichernd, wenn Ziele tatsächlich erreicht werden. Wir haben (bis heute) mithilfe funktionierender Partnerschaften mehr als 70 Millionen Bäume gepflanzt, und wir werden auch weiterhin alles in unserer Macht Stehende tun, um sicherzustellen, dass so etwas nicht wieder vorkommt.