In dieser Woche ist ein weiteres Staatsoberhaupt an die Macht gelangt, das aus seinen unverhohlen frauenfeindlichen Ansichten (ganz zu schweigen von seiner homophoben und sogar rassistischen Haltung) keinen Hehl macht.
Die Wahl von Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten Brasiliens ist aufgrund seiner fragwürdigen Einstellung zum Schutz des Amazonasgebiets grundsätzlich problematisch. In einem Land, das fast die Hälfte der Regenwälder dieser Welt beherbergt und in dem jede zehnte bekannte Pflanzen- und Tierart beheimatet ist, ist das mehr als beunruhigend.
Ein sexistischer Präsident an der Spitze der viertgrößten Demokratie der Welt ist nicht nur für die Frauenrechte problematisch, sondern auch für die Umwelt. Wir haben bei jedem einzelnen unserer Baumpflanzprojekte dasselbe Muster beobachten können. Frauen sind unverzichtbare Akteure, wenn es um ganzheitliche, nachhaltige und erfolgreiche Klimalösungen geht.
Brasilien ist da keine Ausnahme, und die neue politische Lage wird die Situation zusätzlich erschweren. Wie unsere Projektpartner in Copaiba uns berichtet haben, ist Machotum schon jetzt eine unterschwellige Erschwernis für ihre Umweltschutzaktivitäten.
Ana Paula ist eine der Gründerinnen von Copaiba.
Copaiba ist eines von 300 Aufforstungsprojekten der Dachorganisation PACTO Mata Atlântica. Und das Wort „Pakt“ ist hier durchaus wörtlich zu nehmen. Ziel dieses Verbunds von Organisationen ist es, den einstigen Atlantischen Regenwald wiederherzustellen.
Das Erste, was uns in Copaiba auffiel, war das ausschließlich weibliche Team. Erstaunlicherweise hatten Ana Paula und Flavia, die beiden Gründerinnen der Initiative, dies bei unserem ersten Besuch vor Ort mit keinem Wort erwähnt.
Die Idee für Copaiba kam ihnen, als sie noch Teenager waren. Entsetzt von der rasant fortschreitenden Entwaldung in ihrer Heimat beschlossen sie, aktiv zu werden, und begannen, aus eigener Kraft Bäume im Umland ihrer Heimatstadt zu pflanzen. Schon kurze Zeit später gründeten sie eine Organisation, die sie anfangs mit Jobs bei Lieferdiensten und in der Gastronomie finanzierten.
Flavia ist ebenfalls Gründungsmitglied von Copaiba, und doch wird die Organisation heute von einem ausschließlich männlichen Vorstand geleitet.
In dieser Anfangszeit lernten Flavia und Ana Paula zweierlei: Erstens, dass es sehr lange dauert, eine Gemeinde für den Umweltschutz zu sensibilisieren, und zweitens, dass Frauen leichter von einer guten Sache zu überzeugen sind als Männer, allerdings auch seltener eine führende Position bekleiden, nachdem das Umweltbewusstsein endlich auch den stursten Bauern erreicht hat.
Nach über zehn Jahren unermüdlichen Einsatzes ist es immer noch „sehr schwierig [für eine Frauenkooperative in Brasilien]. Grundbesitzer sind nämlich im allgemeinen Männer. Wir müssen also mit ihren Ehefrauen sprechen und ihnen erklären, was Copaiba auf ihrem Land tun möchte“, erklärt Ana Paula.
Mit den Frauen Kaffee zu trinken und ihnen den umfassenden Nutzen von Bäumen zu erläutern, ist oft der entscheidende Schritt, um Zugang zu privatem Land zu bekommen.
Die Wahl von Jair Bolsonaro zum neuen brasilianischen Präsidenten stellt eine ernstzunehmende Gefahr für die Frauenrechte weltweit dar.
„Machotum ist bei uns ein Riesenproblem“, beklagt Ana Paula. Was das Thema Aufforstung betrifft, sind die Frauen von Copaiba die eigentlichen Experten. "Manchmal muss ich den Männern erst die Funktionsweise einer Maschine erklären, und in diesem Punkt sind sie sehr empfindlich. Viele Männer wollen sich von einer Frau nichts sagen oder erklären lassen.“
Obwohl Copaiba seit der Gründung vornehmlich in Frauenhand ist, sitzen ausschließlich Männer im Vorstand. In Geschäftsangelegenheiten werden Frauen immer noch ausgebremst, ganz egal, wie kompetent sie auch sein mögen.
Ich fürchte, dass das mit der Wahl Bolsonaros noch schlimmer werden wird.
Frauen leisten häufig mehr Arbeit für weniger Geld.
Dabei ist die Mitarbeit der Frauen unverzichtbar für den Erfolg eines Projekts. Wir haben bei den meisten unserer Aufforstungsprojekte festgestellt, dass der größte Teil der Arbeit von Frauen geleistet wird, sei es beim Pflanzen an sich oder beim Versorgen ihrer Familie.
Trotzdem sind die Frauen in den meisten Fällen abhängig von ihren Ehemännern, wenn es darum geht, Geschäfte zu tätigen oder auch nur eigenes Geld zu verdienen. Bei unserem Projekt in Ghana haben wir gelernt, dass Frauen, die in einem Frauenkollektiv mehr verdienten als ihre Ehemänner, ihr Gehalt zu Hause abgeben mussten. Das Familieneinkommen wurde dann zum Großteil für Freizeitaktivitäten ausgegeben.
Unsere Baumpflanzpartner in Burkina Faso, wo es ähnlich lief, schoben dem einen Riegel vor: Dort sind jetzt die Frauen für die Investitionen in Aufforstungsaktivitäten zuständig, sodass Erträge dort auch tatsächlich für den angedachten Zweck verwendet werden. Sonstige Gewinne, beispielsweise aus dem Verkauf von Obst und Gemüse auf den lokalen Märkten, werden in die eigene Gesundheit und die der Familie gesteckt. Die Frauen unterstützen den Bau von Schulen oder Brunnen und sonstige Projekte, die der Dorfgemeinschaft zugute kommen, so wie hier in Lilengo.
Darum achten wir von Ecosia auch sehr genau darauf, dass bei Projekten, die wir unterstützen, auch Frauen in verantwortlichen Positionen zu finden sind. Wir stellen unbequeme Fragen: Welche Rolle spielen Frauen bei eurem Projekt? Wie können wir sicher sein, dass sie auch über das selbst verdiente Geld verfügen können? Ist es möglich, Praktiken einzuführen, die sich bei anderen Projekten bewährt haben?
Inzwischen wenden sich viele Grundbesitzer an Copaiba und bitten um Unterstützung bei der Aufforstung ihrer Farmen wie jener auf diesem Foto.
Ana Paula unterstreicht, wie wichtig es ist, dass Männer und Frauen miteinander arbeiten statt gegeneinander. Eben dieses Miteinander sei ganz entscheidend für den Erfolg von Copaiba, versichert sie uns.
Zweifellos haben wir von Ecosia ebenso viele inspirierende Männer kennengelernt, die den Klimaschutz voranbringen: Moses in Uganda, Saydou in Burkina Faso, Severino in Brasilien und Fred in England, um nur ein paar zu nennen.
Und doch scheint es, als wäre der Erfolg vieler Projekt vor allem der Hartnäckigkeit und dem schier grenzenlosen Engagement der Frauen zu verdanken. „Manchmal kommt es mir vor, als müsste ich einen völlig anderen Ton anschlagen, um [männliche Grundbesitzer] davon zu überzeugen, dass wir ein gemeinsames Ziel verfolgen, von dem letztlich alle profitieren“, sagt Ana Paula.
Flavia und Ana Paula setzen sich gegen alle Widerstände für etwas ein, das nicht nur sie selbst angeht. Die Bäume, die sie pflanzen, kommen uns allen zugute. „Was mich antreibt, ist, dass die Wildtiere zurückkehren und der Fluss wieder Wasser führt“, ergänzt Flavia.