Beobachten und Schützen: Mit NABU|naturgucker Ökosysteme verstehen

SARINA
BEITRAG VON

Sarina Bauer

Sarina kümmert sich um den User Support und unsere Community in Deutschland. Sie liebt Bäume.

Die Baumpflanzprojekte von Ecosia sind fest in der Zusammenarbeit mit lokalen Gemeinschaften verwurzelt. Diese Überzeugung, dass echte Wirkung im Klima- und Naturschutz bei den Menschen beginnt, steht auch im Zentrum von NABU|naturgucker, einer Citizen-Science-Plattform, die Hunderttausende dazu inspiriert, Natur zu beobachten und Biodiversität zu schützen.

Mehr als 305.000 Menschen tragen von ihrem eigenen Garten aus zu Umwelt- und Naturschutz bei, indem sie ihre Beobachtungen dokumentieren und Fotos sowie Videos auf der Meldeplattform hochladen. Die Organisation zählt zu den größten Anbietern offener zugänglicher Umweltdaten in Deutschland.

Wir haben mit Stefan Munzinger, Biologe, Vorstand und Gründer von naturgucker.de (heute NABU|naturgucker), und Dr. Milena Stillfried, Wildtierbiologin und Leiterin des Bereichs Strategie und Entwicklung bei NABU|naturgucker, darüber gesprochen, wie Citizen Science Menschen hilft, sich wieder mit der Natur zu verbinden und warum jede einzelne Beobachtung zählt.

Was genau ist NABU|naturgucker und wie ermöglicht es Bürger*innen, einen Beitrag zur Biodiversitätsforschung zu leisten?

NABU|naturgucker ist eine gemeinnützige Genossenschaft, die Menschen dazu inspirieren möchte, sich mit der Natur auseinanderzusetzen und zum Verständnis von Arten, ihren Lebensräumen und den Zusammenhängen in der Natur beizutragen. Über unser Meldeportal ist ein soziales Netzwerk für Naturbeobachtungen, hier können Menschen ihre Sichtungen, Fotos und Videos dokumentieren und so ohne Vorkenntnisse zur Biodiversitätsforschung beitragen. Die Nutzer*innen können sich in einer großen Community mit anderen naturbegeisterten Personen vernetzen und Hilfe bei der Identifizierung von Arten erhalten.

Wir bieten auch eine Online-Lernplattform (NABU|naturgucker Akademie), Gruppenreisen für gemeinsame Naturerlebnisse und ein interaktives Online-Naturjournal – kurz gesagt, eine Vielzahl von Möglichkeiten, die Natur zu erleben, zu verstehen und zu schützen.

Wie hat sich NABU|naturgucker seit seiner Gründung im Jahr 2007 entwickelt?

Im Februar 2008 ging es richtig los, als wir eine Website für die Meldung von Naturbeobachtungen starteten. Am Ende des Jahres hatten sich bereits über 700 Menschen daran beteiligt. Seitdem sind wir stetig gewachsen, unterstützt durch Partnerschaften mit sieben regionalen NABU-Verbänden und der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung.

Im Jahr 2021 starteten wir mit der NABU|naturgucker-Akademie unser erstes großes Förderprojekt im Rahmen des Bundesprogramms zur biologischen Vielfalt. Damit konnten wir mehr als 900 Stunden Lerninhalte zu Natur- und Artenwissen anbieten und sind damit der größte Anbieter dieser Art in Deutschland.

Anfangs lag der Schwerpunkt auf Naturbeobachtungsdaten, aber unsere Arbeit hat sich weiterentwickelt und konzentriert sich nun auf den Menschen – wir möchten so viele Menschen wie möglich dazu inspirieren, sich mit der Natur auseinanderzusetzen. Mit über 300.000 aktiven Teilnehmern sind wir der Meinung, dass uns das derzeit recht gut gelingt…

Warum ist die Beobachtung wildlebender Tiere so wichtig für das Verständnis und den Schutz von Ökosystemen?

Wildtiere sind zentrale Bestandteile von Ökosystemen: Sie regulieren Populationen, kontrollieren Nahrungsnetze und beeinflussen die Artenvielfalt, Nährstoffkreisläufe und den Energiefluss. Wenn einzelne Arten verschwinden, egal ob Tiere, Pflanzen oder Pilze, destabilisiert dies das gesamte ökologische Gleichgewicht.

Naturbeobachtungen helfen uns, die Anzahl und Verbreitung von Arten zu verfolgen und frühzeitige Warnzeichen für den Klimawandel, den Verlust von Lebensräumen oder menschliche Einflüsse zu erkennen. Dabei spielen Citizen Science Daten eine wichtige Rolle: Auch Nicht-Expert*innen können riesige Datenmengen an Orten sammeln, die für Wissenschaftler nicht immer zugänglich sind, wie beispielsweise in privaten Gärten. Jede Beobachtung ermöglicht einen kleinen Erkenntnisgewinn, insbesondere die Sichtung von häufigen Arten, die überall zu finden sind, machen einen Großteil der Biomasse aus. Nur wenn Veränderungen dokumentiert werden, lassen sich schädliche Entwicklungen frühzeitig erkennen. 

Wie werden die Daten verwendet?

Alle Beobachtungsdaten werden in der öffentlich zugänglichen Datenbank auf dem Meldeportal gespeichert und stehen Naturschutz- und Forschungseinrichtungen weltweit zur Verfügung. Wir verstehen uns als Partner der wissenschaftlichen Gemeinschaft.

Wir engagieren uns intensiv durch Citizen Science, digitaler Bildung und Naturbeobachtungen sowie für die daraus gewonnenen Erkenntnisse. Wir veröffentlichen unsere Analysen und Ergebnisse offen, nicht nur für Expert*innen der Fachwelt, sondern für alle Interessierten.

NABU|naturgucker ist Deutschlands größter Datenlieferant für die Global Biodiversity Information Facility (GBIF). Könnt ihr uns mehr darüber erzählen und ob es ähnliche Citizen-Science-Netzwerke auch anderswo auf der Welt gibt?

Wie bereits erwähnt, ist es uns sehr wichtig, dass die Daten auf unserer Plattform für alle zugänglich sind – egal ob für Einzelpersonen, Behörden oder wissenschaftliche Einrichtungen. Es gibt viele andere Meldeportale und Citizen-Science-Initiativen sowohl in Deutschland als auch weltweit, und wir sind generell offen für Kooperationen mit denen, die unsere Werte teilen. Wir arbeiten hier auch mit anderen Partnern zusammen, wie zum Beispiel in unserer Kooperation mit Artenfinder Rheinland-Pfalz und dem Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung (IZW) bei Projekten zur Erfassung von Eichhörnchen, Igeln und Maulwürfe.

Könnt ihr uns ein Beispiel für eine spannende Erkenntnis oder einen Trend nennen, der aus Beiträgen der NABU|naturgucker-Community gewonnen wurde? 

Da gibt es viele. Zum Beispiel konnten wir zeigen, dass die Nosferatu-Spinne sich seit ihrer ersten Sichtung im Jahr 2005 massiv in Deutschland verbreitet – teilweise mit unbeabsichtigter Hilfe des Menschen. Wir haben 2022 gemeinsam mit dem NABU Baden-Württemberg eine Meldekampagne gestartet, die zu einem deutlichen Anstieg der Sichtungsmeldungen führte und zur größten Citizen-Science-Kampagne zu dieser Art wurde. 

Unsere Analyse von Fotos und detaillierten Beobachtungsdaten, einschließlich Verbreitungskarten, zeigte, dass die Präsenz der Art stark unterschätzt worden war, und lieferte interessante ökologische Erkenntnisse über die Art. Die Daten und Ergebnisse wurden 2024 in der internationalen Fachzeitschrift Frontiers in Arachnid Science veröffentlicht. Das Projekt zeigt den enormen Erfolg und den wissenschaftlichen Wert partizipativer Projekte.

Wie kann man mit der Beobachtung von Wildtieren und Ökosystemen beginnen, selbst im eigenen Garten oder im örtlichen Park?

Man kann jederzeit und überall damit beginnen. Viele Menschen zögern, weil sie glauben, dass ihre Beobachtungen keine Bedeutung haben, daher rufen wir regelmäßig zu gezielten Meldeaktionen auf, die sich auf leicht identifizierbare und häufig vorkommende Arten konzentrieren. Das erleichtert vielen den Einstieg, weckt Begeisterung und zeigt, dass jede*r mitmachen kann.

Wie fügt sich die Zusammenarbeit mit Ecosia in das Gesamtbild der gemeinsamen Bemühungen zum Schutz der Ökosysteme ein?

Jeder kann sich bei uns engagieren und einen Beitrag leisten, daher bieten wir der Ecosia-Community eine zusätzliche sinnvolle Möglichkeit, sich für den Klimaschutz einzusetzen. Im Gegenzug kann unsere eigene Community Ecosia unterstützen, indem sie Ecosia nutzt! Wir glauben, dass es wichtig ist, dass Organisationen mit ähnlichen Zielen und Werten zusammenstehen und sich gegenseitig unterstützen.

Wie geht es weiter mit NABU|naturgucker und Citizen Science in Deutschland?

Wir hoffen, dass wir noch viel mehr Menschen dazu inspirieren können, sich zu engagieren, und dass unsere bestehenden Teilnehmer weiterhin so motiviert bleiben wie heute – und dass es noch lange Zeit eine reiche Vielfalt an Natur zu beobachten geben wird. Citizen Science gewinnt in Deutschland zunehmend an Bedeutung, und wir hoffen, dass der Fokus nicht nur auf der Datenerhebung liegt, sondern auch auf Beteiligung, Austausch, Wertschätzung und gemeinsamen Zielen.

Ihr seid bereit auch Teil der Naturgucker-Community zu werden und schon gespannt was in eurer Gegend zu finden ist? Hier geht’s zum NABU|naturgucker Meldeportal, registriert euch und findet es raus.

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